75 Jahre Parkaue: Wie DT64s rebellischer Geist die Bühne zurückerobert

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Eine Bahnschiene mit Plakaten an der Wand daneben.

75 Jahre Parkaue: Wie DT64s rebellischer Geist die Bühne zurückerobert

Theater an der Parkaue feiert sein 75-jähriges Jubiläum mit einer Produktion, die einen prägenden Moment der ostdeutschen Mediengeschichte wiederaufleben lässt."On Air On Fire", ein dokufiktionales Stück der Autorin Marion Brasch, bringt den rebellischen Geist von DT64 zurück – jenem Jugendradio, das einst den Status quo herausforderte. Die Inszenierung verbindet reale Ereignisse aus der Geschichte des Senders mit der Energie einer Generation, die nach Veränderung verlangte.

Das Theater, 1950 als Theater der Freundschaft gegründet, wählte diese Produktion bewusst, um das eigene Erbe zu reflektieren und gleichzeitig jungen Menschen heute eine Stimme zu geben. Begleitende Workshops schaffen Räume für Zuhören und Diskussion – ganz im Sinne der ursprünglichen Mission des Senders.

DT64 startete 1964 als Jugendwelle des Radio DDR und bot eine Plattform für Musik und Ideen, die oft mit den offiziellen Narrativen kollidierten. Gegen Ende der 1980er-Jahre entwickelte es sich zu einem Brennpunkt des Widerstands, an dem Moderator:innen und Hörer:innen Grenzen austesteten. Marion Brasch, die von 1987 bis 1992 dort arbeitete, erinnert sich an eine Zeit, in der Radio persönlich und dringlich war. Ihr Stück greift direkt diese Jahre auf – etwa den Moment, als eine Nachrichtensprecherin sich weigerte, den staatlich genehmigten Bericht über die Niederschlagung der Proteste am Platz des Himmlischen Friedens zu verlesen.

Eine der elektrisierendsten Szenen in "On Air On Fire" rekonstruiert Rio Reisers Auftritt 1988 im Ost-Berliner Werner-Seelenbinder-Stadion. Als er "Der Traum ist aus" sang, brüllte das Publikum die trotziges Zeile "Unser Land ist es nicht" zurück – ein Moment, der die Frustration einer ganzen Generation einfing. Das Stück thematisiert auch den Kampf um den Erhalt von DT64 selbst, als Hörer:innen aus Protest die Senatskanzlei besetzten, während die Behörden den Sender schließen wollten.

Braschs Text flicht echte Stimmen ein, wie die einer jungen Frau, die einem DT64-Reporter sagt: "Ich würde diesen Ost-West-Gegensatz gern hinter mir lassen. Er hat für mich keine Zukunft." Solche Ausschnitte verankern die Inszenierung in gelebter Erfahrung und lassen die Vergangenheit unmittelbar wirken. Intendant Alexander Riemenscheider wählte das Stück zum 75. Geburtstag des Theaters, da es für ihn eine Brücke zwischen Geschichte und der Jugend von heute schlägt.

Über die Aufführungen hinaus veranstaltet das Theater Workshops, in denen junge Menschen ihre eigenen Geschichten teilen können. Das Ziel ist klar: den Geist von DT64 am Leben zu halten, indem neue Generationen Räume erhalten, um sich Gehör zu verschaffen – und gehört zu werden.

Die Jubiläumsproduktion schließt einen Kreis, der von der Gründung des Theaters 1950 bis zur aufmüpfigen Energie der letzten DT64-Jahre reicht. Braschs Stück bewahrt Momente, die sonst in Vergessenheit geraten wären – von Radio-Rebellionen bis zu Massenprotesten. Die begleitenden Workshops führen das Erbe des Senders fort und geben jungen Stimmen eine Plattform, wie sie einst den Forderungen ihrer Eltern und Großeltern nach Veränderung Gehör verschaffte.