Gockels radikale *Wallenstein*-Neuinterpretation verbindet Schiller mit Prigoschin und Marionetten-Theater

Gockels radikale *Wallenstein*-Neuinterpretation verbindet Schiller mit Prigoschin und Marionetten-Theater
Regisseur Jan-Christoph Gockel inszeniert eine kühne Neuinterpretation von Schillers Wallenstein von Friedrich Schiller
Am Theater hat Jan-Christoph Gockel eine mutige Neuauflage von Friedrich von Schillers Wallenstein auf die Bühne gebracht. Die Produktion verbindet Krieg, Verrat und Macht mit überraschenden modernen Akzenten. Zwischen historischem Drama und zeitgenössischer Recherche setzt das Stück zudem ein einzigartiges technisches Hilfsmittel ein, das den gelähmten Körper eines Darstellers wie eine Marionette zum Leben erweckt.
Der Abend begann mit einer Vortragsperformance des russischen Künstlers Serge, der sich mit dem Leben von Jewgeni Prigoschin beschäftigte – bekannt als "Putins Koch". Er zog Parallelen zwischen Kochen und Kriegführung und nutzte sogar den Ridikulus-Zauber aus Harry Potter, um Angst in Gelächter zu verwandeln.
Die unter dem Titel Schlachtmahl in sieben Gängen präsentierte Inszenierung verwebte Schillers Wallenstein mit Erzählungen über Prigoschins Wagner-Söldner. Gockel und sein Team kürzten und bearbeiteten den Originaltext stark, fügten Prologe, Epiloge und neue Szenen hinzu. Heraus kam ein dialektisches Aufeinandertreffen zwischen dem General des 17. Jahrhunderts und modernen Kriegsprofiteuren.
Auf der Bühne diente eine lange Küchenzeile als Schauplatz einer intensiven Kochszene – eine Premieren-Neuheit für Wallensteins Lager. Katharina Bach, in einem Muskelsuit, spielte Wallensteins treue Gefolgsfrau Illo, während Johanna Eiworth die schlichte Isolan verkörperte. Ein besonderer Moment war der kurze, aber eindrucksvolle Auftritt einer Maschine, die den gelähmten Körper von Samuel Koch bewegte. Als lebendige Marionette führte Koch einige Armbewegungen aus und setzte zwei große Schritte, bevor das Gerät wieder verschwand.
Serges frühe Kinderbuchpräsentation hatte bereits vor den Gefahren unkontrollierter Kriegsprofiteure gewarnt – ein Thema, das sich auch durch diese Produktion zog. Unterdessen arbeiten Gockel und der Dramaturg Michael Pietsch bereits an einem weiteren, noch nicht angekündigten Projekt.
Die Aufführung verschmolz historisches Drama mit moderner Politik und experimentellem Theater. Kochs marionettenhafte Bewegungen und Serges spielerisch-scharfsinniger Kommentar hinterließen einen bleibenden Eindruck. Mit einer Mischung aus Recherche, Satire und körperbetontem Theater bot die Inszenierung einen frischen Blick auf Schillers Klassiker.

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